Anhand ausgewählter Werke und Komponisten zeigt Güttler, wie Musik vor Jahrhunderten die politische Einigung Europas vorwegnahm. Die einzelnen Werke dieser Sammlung, stellvertretend für viele tausend solcher Werke und Komponisten, zeigen, welche Wege die Musik in vergangenen Zeiten nahm, welche Wege ihre Schöpfer betraten und wie sich ihre Wege kreuzten. Die nationalen Grenzen mögen sich ständig verändert haben, aber die Musikschaffenden blieben miteinander in Kontakt, ahmten einander nach oder forderten sich gegenseitig heraus und griffen die neuesten Modetrends auf.
An diesen Schnittstellen befruchteten sich Komponisten gegenseitig und schufen das, was wir heute als europäische klassische Musik kennen. Doch nicht nur sie tauschten sich regelmäßig mit ihren Kollegen aus. Auch ihre Kompositionen machten von diesem Tag an bis heute die Runde, allerdings sogar in jenen Tagen des langsamen Reisens. Ludwig Güttler bemerkt: Manchmal sind es die langen Reisen, die darauf hinweisen, dass es sich bei den Werken tatsächlich um langlebige, außergewöhnliche Meisterwerke handelte. Das Spektrum dieser Edition reicht von Bach und seinen Zeitgenossen Vivaldi, Telemann, Pisendel, Zelenka, Neruda und Hasse über die Reisenden Haydn und Mozart bis zu Dvorák, der es über den Atlantik schaffte.
Güttler selbst versteht es wie kaum ein anderer, diese Fäden zusammenzuführen. Seine intensiven Recherchen in ganz Europa haben dazu geführt, dass viele vergessene Werke das Licht der Welt erblickten und den Beifall des Publikums fanden. Mit der Rekonstruktion des Corno da caccia hat er einen eigenen Beitrag zur historisch informierten Aufführungspraxis geleistet.
Edition Europa ist auch eine Retrospektive. Weniger im Sinne einer Reflexion als vielmehr als Rückblick auf das Erreichte, sagt Güttler. Ich blase jetzt seit 60 Jahren Trompete, dirigiere und kämpfe für das, woran ich glaube. Aber selbst mit 75 ist er nicht bereit, sich zurückzulehnen. Er hat immer noch ein volles Konzerttagebuch und verbringt immer noch viel Zeit mit seinen Ausgrabungen. Sein Ziel? Ich möchte mit meinen Kollegen so viel gute Musik wie möglich zum Leben erwecken und zeigen, welch wirklich unglaublicher Reichtum noch auf uns wartet.
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